Historische Entwicklung der Schafhaltung bis ins 20. Jahrhundert

Entwicklung bis zum Mittelalter

 

Die Domestikation des Schafes erfolgte bereit ca. 10.000 v.Chr. in den Berggebieten Vorderasien. Dort wurde es anfänglich ausschließlich zur Fleischerzeugung genutzt. Um 7000 v.Chr. erreichten die ersten Hausschafe Europa, wo sie zunächst v.a. in Süd- und Südosteuropa genutzt wurden und in dieser Nutzungsform bis in die Bronzezeit das wichtigste Haustier waren. In Mitteleuropa hatten Schafe in dieser Form eine wesentlich geringere Bedeutung. Vermutlich am Ende des 4. Jahrtausends v. Chr. erfolgte dann die Einfuhr des durch Selektion entstandenen „Wollschafes“ in Europa. Im 2. Jahrtausend vor Christus wurde Wolle schließlich zur dominierenden Textilfaser in Mitteleuropa. Seit dieser Zeit stand die Woll- und Milcherzeugung bei Schafen im Vordergrund, so dass die Tiere dahingehend gezüchtet wurden. In den folgenden Jahrhunderten spielte die Schafhaltung mit ihren Produkten (Wolle, Milch, Fleisch) in Einzelschafhaltung und auf den Allmenden eine wichtige Rolle im Rahmen der bäuerlichen Selbstversorgung. Die besondere Bedeutung der Schafhaltung lag darin, dass sie die Nutzung von sehr steilen, flachgründigen, trockenen oder abgelegenen Bereichen, in denen eine anderweitige landwirtschaftliche Nutzung nicht in Frage kam, erlaubte.

 

 

 

Entwicklung vom Mittelalter bis zum Ende des 19. Jahrhunderts

 

Von wesentlich größerer Bedeutung als die bäuerliche Schafhaltung war für die wirtschaftliche Entwicklung in Südwestdeutschland jedoch die Wanderschäferei. Diese erhielt in Württemberg den entscheidenden Aufschwung im späten Mittelalter, als seitens der Landesherren versucht wurde, durch Schafbeweidung die während der Wüstungsperiode aufgegebenen landswirtschaftlichen Flächen wieder einer Nutzung zuzuführen. Dazu gehörte die sog. „Triftgerechtigkeit“, die der Landes- bzw. Gutsherrschaft das Recht einräumte, die Felder ihrer Untertanen mit ihren Schafherden zu beweiden. 1746 wurde die herrschaftliche Schäferei in Südwestdeutschland beendet. Die Schäferei wurde nunmehr von Privatschäfern betrieben, die die Wanderungen weiter ausdehnten, und so unabhängig von der Stallhaltung wurden. Es entwickelte sich die echte Transhumanz in Form der Wanderschäferei wie wir sie heute noch vorfinden. Mit der progressiven Bevölkerungsentwicklung nach dem Dreißigjährigen Krieg und einem höheren Bedarf an landwirtschaftlichen Nutzflächen, sind zunehmend Auseinandersetzungen um die Nutzung der Schafweiden zu verzeichnen. Die Weiden wurden allmählich auf die ungünstigsten Standorte zurückgedrängt, gleichzeitig aber so intensiv wie möglich genutzt. Trotz zunehmender Nutzungskonflikte erlebte die Schafhaltung auf der Schwäbischen Alb ihre Blütezeit in der ersten Hälfte des 19. Jhdts.. In der zweiten Hälfte des 19. Jhdts. verschlechterte sich die Lage der Schäferei jedoch zusehends, v.a. aufgrund der Einfuhr billiger Wolle aus Australien. In den Jahren von 1873 bis 1926 verringerte sich die Zahl der Schafe in Württemberg von 577 000 auf 128 000 – auf ein Viertel des ursprünglichen Bestandes (BEINLICH 1995: 97ff).

 

 

 

Entwicklung der Schäferei im 20. Jahrhundert

 

Während des Dritten Reichs nahmen die Schafbestände in Deutschland zu, erreichten aber Mitte der 60er Jahre mit nur 116 000 Tieren ihren historischen Tiefstand. Seither sind die Schafzahlen in Baden-Württemberg wieder angestiegen. 2006 lag der Bestand in Baden-Württemberg bei 315.700 Tieren in ca. 4.200 Betrieben. Davon sind etwa 260 Vollerwerbsbetriebe, für die die Schafhaltung - oft in Verbindung mit Direktvermarktung - den Hauptbetriebszweig darstellt. Die Tier- und Betriebszahlen stagnieren seit der Jahrtausendwende bzw. sinken seit 2002 leicht. Für die nächsten Jahre wird keine große Änderung prognostiziert (RÖSCH, C. et al. 2007).

 

Es erfolgte eine zunehmende Umstellung von der Woll- auf die Fleischproduktion, was ein besseres Futterangebot für die Schafe voraussetzt, denn die Magerrasen liefern bei intensiver Beweidung nicht genügend Nährstoffe für die Fleischproduktion. Entsprechend hat die Zahl der Wanderschäfer beträchtlich abgenommen, wogegen der Anteil der Betriebe mit Koppelhaltung sich von 1976 bis 1986 mehr als verdoppelt hat (siehe Tab. 1). Die Herdengröße hat häufig zugenommen. Die vorherrschende Schafrasse in der Hütehaltung in Baden-Württemberg ist das Merinolandschaf. Rund 90% aller Tiere gehören dieser Rasse an (BEINLICH 1995: 102ff), inzwischen häufiger mit Suffolk-Einkreuzung.

 

In Baden-Württemberg werden derzeit nur ca. 1 kg Lammfleisch je Kopf und Jahr verzehrt im Vergleich zu über 40 kg Schweinefleisch - und selbst diese geringe Menge stammt dann in der Regel nicht aus heimischer Schafhaltung, sondern aus Neuseeland. Ein verstärkter Konsum heimischen Lammfleischs - häufig ab Hof oder auf Wochenmärkten vermarktet - dient der Erhaltung schöner und aus Naturschutzsicht wertvoller Landschaften und kann darüber hinaus Fleisch aus weniger tierfreundlicher Haltung ersetzen. Der Landesschafzuchtverband führt eine Liste direkt vermarktender Betriebe.

 

Einsatz in der Landschaftspflege - Haltungsformen, Weideführung, Eignung -

 

 

 

Viele Biotoptypen (z.B. Kalkmagerweiden, Heiden) sind durch jahrhundertelange Schafbeweidung – vor allem durch Wanderschäferei – entstanden; entsprechend eignet sich die Schafbeweidung insbesondere, um diese Biotoptypen zu erhalten.

 

Schafe eignen sich – je nach Rasse – zur Pflege fast aller Flächen von ebenem bis zu steilem Gelände, von trockenen bis zu nassen Standorten und selbst für Flächen mit geringstem Futterertrag. Aufgrund der geringen Trittbelastung durch die Schafbeweidung besteht kaum Erosionsgefahr. Spezielle Naturschutzziele können durch die Möglichkeit des flexiblen und unterschiedlich intensiven Abhütens erreicht werden. Durch den Einsatz der Schippe kann der Schäfer bei der Dauerpflege mitwirken, indem er für ihn unerwünschte Arten wie Distel oder Gehölzjungwuchs aussticht bzw. abhackt (LOHRMANN 1956 in SCHUMACHER, MÜNZEL UND RIEMER 1995: 50).

 

 

 

Weideführung

 

Die ökologische Bedeutung beweideter Flächen ist in hohem Maße von der jeweiligen Ausgestaltung der Weideführung abhängig. Selbst bei standortgerechtem Weidesystem und geeigneter Tierart kann das biotopspezifische Arteninventar durch eine unsachgemäße Weideführung beeinträchtigt werden. Besonderen Wert sollte gelegt werden auf:

 

 

 

• Weidedauer: die maximale Weidedauer aus Naturschutzsicht sollte sich – sofern sich nicht zuviel

 

überständiges Material ansammelt - an einem ausreichenden Restbestand von Blüten und

 

Strukturelementen orientieren.

 

• Ruhezeit: zur Regeneration der Pflanzen und Rückwanderung der geflüchteten Tierarten sechs bis acht

 

Wochen Pause für eine Fläche zwischen zwei Weidegängen.

 

• Besatzstärke: abhängig von der Futterleistung des Standorts ( siehe Tab. 3).

 

• Pflegemaßnahmen: ergänzend bei Unterbeweidung

 

• Hütetechnik: bei engem Gehüt schneller Verbiss bestimmter Blüten; bei weitem Gehüt stärkere Selektion